GÜTESIEGEL WESER-EMS - PROJEKTWOCHE 2019

 

Die Mark ist tausend- und tausendfach

in fremde Taschen geflossen;

die Dividende hat mit viel Krach

der Aufsichtsrat beschlossen.

Für euch die Brühe. Für sie das Mark.

Für euch der Pfennig. Für sie die Mark!

(Kurt Tucholsky)

 

Angesichts einer relativ stabilen Konjunktur von 1926 – 1928 veröffentlichte Kurt Tucholsky im Spätherbst 1928 sein Gedicht „Bürgerliche Wohltätigkeit“ in der Arbeiter-Illustrierte-Zeitung in Berlin. Die eher als revolutionär zu bezeichnende  Wochenzeitschrift richtete sich an die ärmeren Bevölkerungsschichten in der Weimarer Republik und konnte mit bekannten Autoren wie Anna Seghers, Erich Kästner und eben auch Kurt Tucholsky aufwarten. Neben der Solidarität mit den sowjetischen Arbeitern richtete sich  schon früh das Augenmerk auf das deutsche Proletariat, welches von der gesamtwirtschaftlichen – und hier vor allem der großbürgerlich determinierten – Entwicklung zunehmend abgekoppelt wurde. Bedenkt man die Massen an schlecht ausgebildeten und in der Folge unterbezahlten Arbeitern in Deutschland, so erkennt man unschwer eine Parallele zu unserer Gegenwart: Waren es damals unzureichende Bildungsstandards, gesellschaftliche Schranken und die Folgen des Ersten Weltkrieges, so sind es heute vor allem  unzureichende Bildungsmotivationen auf der Seite der Lernenden, die, bedingt durch eine materielle und mediale Übersättigung, zahlreichen Schulabgängerinnen und Schulabgängern eine bessere Ausbildungsmöglichkeit – trotz guter Arbeitsmarktlage – verbauen und auf der Seite der Arbeitgeber das Lohndumping, welches unseren Staat in zahlreichen Branchen zum Niedriglohnland degradiert! Der wirtschaftliche Umbau Deutschlands, von einer landwirtschaftlich und industriell organisierten Gesellschaft, zu einer im Dienstleistungs- und Informationssektor arbeitenden Nation ist zwar weitgehend erfolgreich gewesen, doch ohne eine vielseitige Schulbildung der Beschäftigten nicht konsequent ausbaufähig. Auf der Strecke bleiben ungebildete Menschen, z.B. Analphabeten, die - schlecht bezahlt - ein neues Proletariat bilden, dessen Sprengkraft durchaus in der Lage ist, die Demokratie zu gefährden. 

Moderne Technologien helfen, den Einsatz von Dienstleistungsterminals sicherer zu machen…doch dafür bedarf es gebildeter Spezialisten!

Aus diesem Grund setzen wir an der Peter Ustinov Schule in Hude bewusst auf ein Konzept des Fundamentums, welches in allen Fächern das Erlangen von Bildungsstandards sichern hilft. Ziel ist es dabei, die Ausbildungsfähigkeit durch Allgemeinbildung und ihre sie begleitenden Kulturtechniken wie das flüssige Lesen und das orthografisch richtige Schreiben wieder deutlich zu verbessern – so dass den jungen Menschen die Mark und nicht der Pfennig zukommen kann.

Gerade in unserer aktuellen Projektwoche haben die Lernenden erfahren, wie anspruchsvoll die verschiedenen Berufsausbildungen sein können und wie viel schulische Arbeit noch vor ihnen liegt. Die Beschäftigung mit der Welt der Berufe und ihren Bedingungsgefügen hat Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer zwar gleichermaßen fasziniert, aber auch gezeigt, welche Anstrengungen nötig sind, um das angestrebte Ziel auch erreichen zu können. Das gegenwärtige Schulsystem kennt seit langer Zeit eine Verflechtung von Allgemein- und Berufsbildung, die es Lernenden ermöglicht, sich umfassend auf die Lehr- und Studienzeiten vorzubereiten. Theoretisch ist damit eine gute Grundlage vorhanden, doch muss praktisch auch umgesetzt werden, was das Bildungssystem anbietet. Ist die Verflechtung zwischen Schule und Ausbildung einerseits und innerhalb der facheigenen Curricula andererseits besonders gut, so erteilen die Industrie- und Handelskammern  im Bezirk Weser-Ems ein Zertifikat mit der Bezeichnung Gütesiegel-Schule. Wir in Hude haben dieses Siegel bereits seit Jahren, müssen uns allerdings turnusmäßig erneut einer Fachkommission stellen, die uns das Siegel entziehen oder es um eine vierte Periode verlängern kann!

In der 6d philosophierten die Lernenden über die Besiedlung des Weltraums…

Während der Projektwoche lag also das Augenmerk auf der Berufslandschaft in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Wandel in der Welt der Berufe konnte in allen Klassenprojekten erkannt werden. Regionale Bezüge wie „Berufe in und um Hude“ wechselten sich mit globalen Ansätzen wie „Berufe der Zukunft“ und „Fairtrade“ ab. Die Lernenden besuchten auf Tagesfahrten Betriebe und erarbeiteten kognitiv und kreativ Berufsprofile, erprobten sich in einzelnen Berufstätigkeiten und schufen so ein relativ umfangreiches Tableau berufsbezogener Informationen. Die schulinterne Evaluation der diesjährigen Projektwoche hat zum Schluss aufgezeigt, dass die Lernenden an der Peter Ustinov Schule auf dem richtigen Weg sind, sich den Berufen von heute und morgen zu stellen.

Der Fairtrade-Stand der 8Ha und 8Hb informierte über Arbeitsbedingungen in Übersee und spezielle Produkte…

Als am Sonnabend die Eltern und andere Interessierte geladen waren die Ergebnisse der Klassenprojekte zu begutachten, nutzten zahlreiche Huder die Gelegenheit, einen Blick in die Arbeit der Schule und ihrer Lernenden zu werfen. Trotz sehr hoher Außentemperaturen und der Konkurrenz der Landtage füllte sich die Schule ab 10:00 Uhr und wurde zum Ort der Begegnung. Viele Eltern diskutierten mit den Lehrkräften und das eine oder andere berufsbezogene Gespräch fand in ungezwungener Atmosphäre statt. Eltern und Lehrern war anzumerken, dass ihnen  gleichermaßen daran gelegen ist, den Lernenden die „Dividende der Bildung“ – Kompetenzen und angemessener Lohn  - zu gewähren. Möge der Einblick in die spannende Welt der Berufe die Motivation steigern und den Lernenden die Erkenntnis bringen, dass die Zukunft erarbeitet werden muss!

Wir hoffen, dass es den Besuchern bei uns gefallen hat und dass alle den Eindruck gewinnen konnten, dass eine Projektwoche regelmäßig zu interessanten Denkanstößen führt…

 

Die Klasse 9Rb erarbeitete vielfältige Präsentationen zu Berufen in und um Hude und beleuchtete damit den hiesigen Wirtschaftsstandort.

 

Außergewöhnliche Berufe…

Die Besiedlung des Weltraums bedarf der Raketentechnologie…, aber auch einer herausragenden Bildung, um die Wünsche umsetzen zu können…

Vielfältige kognitive und sozial-emotionale Kompetenzen werden in der Zukunft selbstverständlich erwartet - doch können sie von allen Bewerbern  geliefert werden?

 

Der Informationstruck der Hanse-Logistik brachte Einblicke in eine der wichtigsten Branchen des Wirtschaftskreislaufes…

Der Fahrsimulator war schnell belagert…

 

Die 8Ra präsentierte auf zeitgemäße Art Informationen über Berufsprofile der Zukunft…

Das Fairtrade-Angebot in der Gemeinde wurde gesichtet und präsentiert. Sensibilisierung für gesellschaftlich schwache Gruppen in Entwicklungsländern wurde angeregt…

Unsere beiden siebten RS-Klassen erkundeten den landwirtschaftlichen Sektor – das traditionelle Herz der Region…

Das Gelernte wurde begeistert in der Schulküche umgesetzt…

 

Bericht und Fotos: Dr. Joest Leopold 

 

 

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