Projektwoche 2017 - Das Meer
IM RAUSCH DER TIEFE - LERNENDE ENTDECKEN DAS MEER
Ein Beitrag von Dr. Joest Leopold
Jedes Schuljahr beginnt an der Peter-Ustinov-Schule mit alternativen Lernwegen in der Projektwoche. Dieses Mal versuchten unsere Schülerinnen und Schüler den faszinierenden Geheimnissen des Meeres auf die Spur zu kommen. Das heute selbstverständlich erscheinende Thema war aufgrund verschiedener Voraussetzungen für alle Lehrenden schnell verabredet: Die Nähe unseres Ortes zur Küste, die allgegenwärtige Sehnsucht nach unbeschwertem Urlaubsglück, aber auch das Bewusstsein, es mit einem fragilen Lebensraum zu tun zu haben, den wir beschützen müssen, gaben den Ausschlag für die Themenwahl. Doch die scheinbare Selbstverständlichkeit, sich mit dem Meer zu befassen, ist das Ergebnis der jüngeren Geschichte unserer europäischen Neuzeit. Noch bis in die Zeit der Aufklärung herrschte auch an unseren Küsten große Angst und geradezu Abscheu vor dem unberechenbaren Element. Sturmfluten, Piraterie, Wikingerüberfälle oder Schiffbruch bestimmten das Ansehen der See und schafften ihr nur wenige Freunde. Die Angst hatte sich bis ins 18. Jahrhundert sogar in den mythologischen Texten und Bildern des Abendlandes verfestigt: Der Leviathan, die biblische Verkörperung des gottfeindlichen, chaotischen Urmeeres geisterte genauso durch die Köpfe wie die Sintflut, deren Ausmaße auf zahlreichen Gemälden in Kirchen und Bibeln zu finden waren und Schaudern erweckten. Mit der Aufklärung kam es zu einer Entmythologisierung des verrufenen Meeres und zur Einsicht, dass das Meer durchaus positive Eigenschaften aufweist. In der Folge entwickelte sich der Strand zu einem Ort der therapeutischen Rekonvaleszenz und das Meer selbst zum Gesundbrunnen der zunehmend erholungsbedürftigen Bevölkerung. Heute denken wir mit Sehnsucht an das Meer, an Sonnenuntergänge, an die spannenden Sportmöglichkeiten, die wirtschaftlichen Ressourcen und erstmals auch an die ökologischen Gefahren, die dem Meer nunmehr durch uns Menschen drohen. So wundert es nicht, dass unsere Lernenden genügend Spielraum für jeweils ganz unterschiedliche Zugänge zum Meer aufspürten. Ökologische, künstlerische, biologische und kulturgeschichtliche Aspekte fanden Eingang in unser Schulprojekt, mit dem wir uns respektvoll, aber positiv gestimmt, dem Urquell des Lebens annahmen. Die Recherchen beschränkten sich naturgemäß nicht auf die Literatur, sondern wurden auch während einiger Exkursionen zum Wattenmeerhaus in Wilhelmshaven, zum Klimahaus in Bremerhaven und zur Zentrale der Seenotrettungsgesellschaft in Bremen vor Ort ausgeführt.
Am Freitag, den 11.08., öffnete die Schule am Nachmittag ihre Pforten, um allen Interessierten die Ergebnisse der Projektwoche zu präsentieren. Die Lernenden standen in ihren Räumen bereit, um Fragen zu beantworten, Hinweise zu geben und selbst in den Räumen der anderen Gruppen auf Entdeckungsreise gehen zu können. In der Mensa hatte der Förderverein ein großartiges Kuchenbuffet organisiert, das natürlich nach dem Besuch der Ausstellungen gerne besucht wurde.
Den Gästen eröffnete sich beim Eintritt in das Schulgebäude zuerst ein in der Pausenhalle entstandenes Wandbild von beeindruckender Länge, Farbenpracht und räumlicher Tiefe. Es zeigt statt düsterer Abgründe und Ungeheuer à la Gustave Doré eine Auswahl von bedrohten, aber auch typischen Meeresbewohnern, die zum Teil als Reliefs dreidimensional aus der Wand ragen. Nach Rücksprache mit der Schulleitung wird uns dieses Bild noch Monate erfreuen, da seine Entstehung auch den baulichen Veränderungen in der Schule geschuldet ist: es verdeckt und schmückt eine Bauwand. Andere Lerngruppen bastelten Modelle von Meerestieren, informierten auf gut strukturierten Plakaten über deren Lebensraum oder veranstalteten ein Quiz zu verschiedenen Aspekten der Meeresthematik. Auf dem Schulhof konstruierte eine Lerngruppe sogar ein Floß, das auch auf seine Schwimmfähigkeit getestet wurde! Wasserfahrzeuge dienen natürlich der sicheren Überfahrt und verbinden uns mit fremden Ländern, z.B. den Inseln in der Karibik. Wer wollte, konnte deshalb bei seinem Rundgang durch die zu Ausstellungsorten avancierten Klassenräume tatsächlich karibische Cocktails und Reggaeklänge genießen. Den kulturgeschichtlichen Aspekt hatten Klassen im Fokus, wenn sie engagiert Modelle der gesunkenen Titanic bastelten, die Piraterie früher und heute beleuchteten oder auf die offensichtlichen Probleme hinwiesen, die der Mensch durch seinen rücksichtslosen Umgang mit dem Meer verursacht. Zu Einsicht und Umdenken sollte die Wahrnehmung unserer ökologischen Sünden führen. Dass das Meer nach wie vor keine Badewanne ist, erfuhren die Besucher der Projektwoche durch die Thematisierung der Seenotrettung an den deutschen Küsten, die in unserem Land von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger organisiert wird.
Insgesamt waren sich am Ende der besonderen Arbeitswoche alle einig, dass wieder einmal ein facettenreiches Bild zum gewählten Thema präsentiert werden konnte. Neue Ideen und Impulse bereichern über die Woche hinaus nun den Unterricht. Sei es durch weiter zu nutzende Plakate oder durch die allgemeine Horizonterweiterung, die unsere Lernenden erfahren haben. Die Projektwoche hat damit wieder einmal gezeigt, dass ihre alternativen und vielseitigen Methoden die Schülerinnen und Schüler zu großartigen Ergebnissen führen.